Grandioser Abschied der Salzburger Rock-Legenden
Es gibt Abende, an denen weißt Du schon vorher, dass die Emotionen mit Dir durchgehen werden. So ging es ganz sicher den drei verbliebenen „Ex-Obszönen“ Robert, Philipp und Tommy, als am 30.12.2013 zum letzten mal und im Rahmen der internationalen Veranstaltung „Winterfest“ der Name der Band auf den Programmen prangte – und so ging es auch mir, der ich das große Glück hatte, in den letzten Jahren ganz nahe mit der Band den Aufstieg von Been Obscene zur ersten Nummer der Österreichischen Alternativen Rockbands erleben zu dürfen. Und es wurde ein großer Abend, umgeben von einem fantastischen Ambiente in einem trefflich ausgestatteten Zirkuszelt aus dem Jahre 1908. Heimelig aufgeheizt bot dieser Ort inmitten der kalten Winternacht mitten im Volkspark Salzburg, ganz nahe an den Ufern der Salzach ein beschauliches Kleinod, geradezu schreiend nach einer Sternstunde der Kultur. Nennt mir mal einen geeigneteren Hintergrund für ein klassisches „unplugged-Konzert“…
Salzburg, die Stadt, die mir inzwischen zur zweiten Heimat erwachsen ist, verabschiedete sich in dieser frostigen Nacht von Ihren liebsten Kindern des Rock´n Roll, eigentlich ein Grund, um in tiefe Depression zu verfallen. Viel zu sehr haben die wunderbaren Konzerte von Been Obscene und allem voran einer meiner absoluten Lieblingssongs aus diesem Jahrtausend meine musikalische Welt in den letzten Jahren mit geprägt. Schon als ich vom Mirabellplatz hinüber wanderte zum Schauplatz des letzten Showdowns gingen sie mir alle durch den Kopf, die Bilder einer wunderschönen Epoche. Da war das legendäre Konzert zur Releaseparty von Night-O-Mine, dem zweiten Album; wurden Erinnerungen wach an jene faszinierende Nacht mit Colour Haze´s Gigantenkonzert zu She Said, als Robert beim Titelstück wie schon auf der Platte die Percussion übernahm und Been Obscene danach den gewaltigsten Kehraus spielte, den ich je erlebt habe. Momente voller Magie und elektrisierender Emotion.
Heute Abend sollte all das seinen finalen Höhepunkt finden.
Gefangen von der wirklich begeisternden Umgebung und der mehr als liebenswerten Bewirtung traf ich bald auf die Protagonisten der Veranstaltung und viele weitere Freunde aus der Szene. Eine eigenartige Stimmung, irgendwie kaum fass- oder beschreibbar lag über dem historischen Zelt. Da war die traurige Gewissheit, dass wir nach diesem Abend nie wieder Been Obscene live erleben werden – und eben auch das ungeheuer beflügelnde Erlebnis, bei einem absoluten Highlight und einem für die Österreichische Stonerszene unvergleichlichen Ereignis dabei zu sein.
(c) Maria Ortner |
Tommy hatte schon vorher angedeutet, dass wir die Songs der Band heute allesamt in ganz speziell abgewandelten Versionen zu hören bekommen, angesichts der Tatsache unverstärkter Gitarren natürlich nicht überraschend – aber wie die Band das löste, war eine Gänsehaut nach der anderen wert. Wenn nicht heute Abend, wann dann je zuvor hat sich die ungeheure Substanz und das Potential der Been Obscene-Songs so fruchtbar und vielseitig entfaltet?
Die unbeschreiblichen Melodien, die insbesondere Tommy immer wieder ersonnen hat und die in der Stonerszene absolut einzigartig sind, die ungeheuer vielfältige Rhythmik, die uns Robert und Philipp gerade vor dem akustischen Hintergrund besonders ausdrücklich in den Schädel schlugen, verbunden mit Momenten zwischen machtvollen Riff-Gestalten, die selbst an der klassischen Klampfe einen Wahnsinnsdruck zu entfalten vermochten, bis hin zu den absoluten Schauer erzeugenden musikalischen Einfällen, die die Band immer wieder in ihre herrlichen Songs eingestreut hat. Für mich immer und ewig fokussiert in dem Intro zu „Demons“, meinem absoluten Lieblingssong. Ein Stück Musikgeschichte, bei dem ich in der Zukunft aufpassen muss, dass mich die Emotionen nicht allzu weit davon tragen. Im unverstärkten Gewand kam dieses Meisterwerk übrigens kein Fitzelchen weniger faszinierend rüber wie in der Originalversion. Der begeisterte Aufschrei der vielen Enthusiasten und Freunde der Band im ausverkauften Spiegelzelt bewies mehr als deutlich, dass ich mit meiner Meinung zu Demons ganz sicher nicht allein bin. Aber es wäre fatal, sich nur mit der Betrachtung einzelner Songs aufzuhalten, müsste ich doch auch unbedingt wieder einmal auf die Schönheit und Einzigartigkeit beispielsweise von „Endless Scheme“ oder „Alone“ hinweisen. Nein, das Gesamtkunstwerk eines solchen „unplugged-Konzerts“ bringt Dir die Musik näher als alles erdenklich andere. Roh, direkt und ohne Verschnörkelung, aber auch voller zerbrechlicher Feinfühligkeit und Ehrlichkeit zeigen Dir die Musiker ohne jede technische Unterstützung oder Verfälschung ihre Lieder, Lieder, die ihren musikalischen Wert gerade auf diese Weise belegen.
(c)Maria Ortner |
(c) Maria Ortner |
Je später der Abend und je weiter sich das Konzert entwickelte, desto mehr geriet das begeisterte Publikum in einen Rausch – so wie es die Jungs auf der Bühne vermutlich auch für sich empfunden haben. Es war eben diese Atmosphäre aus historischer Bedeutung, dem Zauber des Moments und dem großen Können derer dort auf den Brettern, verbunden mit dem fast mystischen Geist solch unverstärkter Musik, die am Ende alle Beteiligten davon fliegen ließ.
Stehende Ovationen, ein tobendes Zelt und vier bewegte Musiker waren am Ende das Produkt dieser zwei Stunden für die Ewigkeit.
Uneingrenzbare Glücksgefühle und die ewige Melancholie eines erzwungenen Abschieds verbanden sich zu einem einzigartigen Gefühl, das wir alle miteinander teilten.
Und nie zuvor wurde mir bewusst, wie sehr ich dankbar dafür sein sollte, so nah dabei gewesen zu sein. Großartige Musiker, die vor allem auch großartige Menschen sind, wie man sie sich als Freunde nur wünschen mag. Wir waren nicht nur alle zusammen Zeuge eines großartigen Konzerts mit besonderer Bedeutung, wir waren eins im Herzen, denn wir haben das Gleiche empfunden. Das ist das Wunder der Musik, sie verbindet Menschen, wie es nichts und niemand anderes zu tun vermag.
Fotos hab ich an diesem Abend keine gemacht, ich wollte ja einfach nur dabei sein und erleben dürfen, sorry Jungs, aber es gab ja genügend Fotografen in Aktion. Das Ende einer Epoche bedeutet nichts anderes als den Beginn einer neuen. Das ist ein tröstlicher Gedanke und macht ganz viel Hoffnung auf das, was da kommen mag. In diesem Sinne wünsche ich allen, die Been Obscene gemacht und ausgemacht haben, alles erdenklich Gute und eine großartige Zukunft.
Möge die Eule fliegen für immer…(Michael)
by Michael
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